Seit zwei Wochen feiern wir Ostern! Merken Sie das noch?
Vielleicht mussten wir uns in diesem Jahr ganz besonders anstrengen, weil wir die gemeinsame Osterfeier in den Kirchen nicht erleben durften, weil wir liebe Menschen, mit denen wir die Festtage gerne gefeiert hätten, nicht besuchen konnten.
Vielleicht war es heuer besonders anstrengend, die Festtage von den Werktagen zu unterscheiden…
Oder mag uns das Evangelium des heutigen dritten Ostersonntags wissen lassen: Halt! Da gibt es eigentlich keinen Unterschied zwischen Werktag und Sonntag, wenn es um das Geheimnis des Osterfestes geht: Jesus lebt! Auch an den Werktagen Deines Lebens!
Leere Netze werden voll
Da erzählt uns Johannes (Joh 21,1-14) heute von den Jüngern, die sich nach den schmerzhaften Erfahrungen des Karfreitags und den unglaublichen Begegnungen mit dem auferstandenen Christus an den See von Tiberias zurückziehen.
Aber auch da gibt es für sie zunächst die bittere Erfahrung vergeblicher Arbeit einer ganzen Nacht: ihre Netze bleiben leer.
Hier am See werden sie vielleicht eingeholt von den Erinnerungen an jene Tage, an denen Jesus sie in ihren Fischerbooten angesprochen hat:
Kommt her, folgt mir nach, ich werde euch zu Menschenfischern machen; Erinnerungen an die vielen gemeinsamen Tage, die sie seitdem mit dem Meister unterwegs waren, an seine Taten und Worte und an die großen Hoffnungen, die sie hatten.
Mit allem mögen sie wohl gerechnet haben hier am See, wo ihre leeren Netze herumliegen, wo es nach Fisch und Seetang riecht, wo ein Kohlenfeuer prasselt. Aber dass in dieser Morgenstunde erneut der auferstandene Herr zu ihnen kommt – dieser Gedanke war weit weg.
Aber genau das sollte heute geschehen!
Da, mitten im Alltag mit all seinen Anforderungen und Zumutungen, mit seinen Herausforderungen und Enttäuschungen, da, in der Welt ihrer Arbeit sollen es die Jünger wissen: Der Herr ist auferstanden. In seiner Herrlichkeit hat er die Seinen nicht vergessen, nicht ihre Not und nicht ihre Sorge.
Es ist der Herr!
Unser Gott ist nicht weltfremd und menschenscheu – nicht vor seiner Menschwerdung und nicht nach der Himmelfahrt. Hier in dieser Welt auch unserer Tage, die heimgesucht ist von einer schrecklichen Pandemie, hier bei den Menschen, die Angst haben vor Ansteckung und auf der Suche nach Sicherheit und Schutz sind und gesund bleiben wollen, mag er sein. Ist er.
Im Evangelium fordert der zunächst Fremde die Jünger auf, die Netze nochmals auszuwerfen.
Und weil die Jünger sich – entgegen aller Berufserfahrung auf sein Wort einlassen, weil sie sich nicht mit dem Misserfolg der vergangenen Nacht abfinden wollen, geschieht das großartige Wunder: Das Netz ist gefüllt mit zappelnden Fischen.
Und dann merken und wissen sie: Es ist der Herr!
Gott im Alltag gegenwärtig
Diese Erfahrung wünsche ich uns heute an diesem dritten Ostersonntag und ganz besonders an den Werktagen unseres Lebens und vor allem in den Tagen voller Herausforderungen, wie wir sie derzeit erleben:
- Dass Ärzte, pflegendes Personal in unseren Kliniken, in Senioren- und Pflegheimen, in Behinderteneinrichtungen, Rettungs- und Einsatzkräfte, auch Seelsorger, die kranke und sterbende Schwestern und Brüder begleiten in der Mühe und Anstrengung ihres Dienstes nicht zerbrechen, sondern ihre Kraft ausreicht.
- Dass Infizierte nicht verzweifeln, sondern auf Genesung hoffen und zu neuem Aufbruch gestärkt werden.
- Dass Sterbende nicht ohne die Hoffnung, die unser Glaube schenkt, gehen müssen.
- Dass die, sich über ihre Gesundheit freuen, nicht übermütig werden, sondern geduldig manche Einschränkung aushalten, die wir aus Rücksicht und auch dem Liebesgebot Jesu folgend einander schuldig sind.
Jesus, der Mutmacher
Jesus am See von Tiberias, von dem uns Johannes heute erzählt, macht uns Mut, die Netze erneut auszuwerfen.
Auch wenn uns bisher gemachte Erfahrungen nicht unbedingt Großartiges erwarten lassen, so dürfen wir doch auf Größeres hoffen. Selbst wenn manches Wunder bisher ausgeblieben ist, so dürfen wir doch immer wieder Wunderbares erleben.
Halten wir die Augen, die Ohren, die Herzen offen, damit wir es wahrnehmen! Es gilt – auch wenn der Osterjubel dieses Jahres verhaltener ist: Jesus lebt!
Er lebt in dieser Welt, unter den Menschen, mitten unter uns – auch zwischen Dir und mir. Nicht nur am Sonntag, sondern auch an den Werktagen dieser neuen Woche!
Haben wir darum eine gute neue Woche! Gott segne Sie!
Ihr
Pfarrer Robert Neuner