Am vierzigsten Ostertag feiern wir das Fest Christi Himmelfahrt.
Eigentlich bin ich froh, dass heutzutage kaum mehr in einer Kirche am Himmelfahrtsfest eine Christusfigur zur Decke hinaufgezogen wird, um irgendwie das Geschehen von damals nachzuspielen. Denn Jesus ist doch nicht einfach weg.
Seit seiner Auferstehung ist Jesus seinen Jüngern immer wieder erschienen; diese Begegnungen sind für diese Frauen und Männer wichtig, um stark zu werden im Glauben, mutig aufgrund ihrer Hoffnung und tatkräftig in ihrer Liebe. So sollten sie immer schon und sollen wir heute aushalten und dagegenhalten in manch gefährlichen Situationen.
Jesus nicht in den Himmel verbannen
Auf eine Gefahr, in der die Jünger Jesu zu allen Zeiten stecken, macht die Apostelgeschichte aufmerksam: dass sie nur zum Himmel starren, dass wir ihn nur für den Himmel gelten lassen, nicht aber für die Welt und unser Leben in dieser Welt. Dabei beten wir mit Jesus immer wieder: „Vater… dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden…“ Und von sich selbst hören wir ihn reden: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.“ Wir dürfen Jesus nicht in den Himmel verbannen; er hat nicht nur ein gewisses Mitspracherecht in unserem Leben, sondern sein Wort ruft uns ins Dasein: es gibt uns, weil er es wollte, und weil wir sind, liebt er uns. Und diese Liebe wird – Gott sei Dank – auch einmal das letzte Wort haben.
Die andere Gefahr, von der die Jünger Jesu sich nicht gefangen nehmen lassen dürfen ist die Versuchung, das Bekenntnis der Allmacht Gottes zu verwechseln oder gar zu ersetzen mit dem Streben nach der eigenen Macht.
Wie können wir uns vor dem einen wie vor dem anderen schützen?
Die zwei Wege
Das Evangelium des heutigen Festtages verrät uns zwei Wege: Anbetung und Sendung.
Als die Jünger Jesus sahen, heißt es „fielen sie vor ihm nieder.“ Auch wir brauchen immer wieder diese Haltung. Nicht weil Gott uns vor sich nur klein und auf dem Boden kniend ertragen könnte – da müssten wir zurecht an seiner Allmacht und Größe und vor allem an seiner Liebe und Freundlichkeit zweifeln. Nein, in dieser Haltung dürfen wir ganz deutlich erfahren, wie er uns aufrichtet und verwandelt, ermutigt und sendet.
So erleben wir es doch auch bei jeder Eucharistiefeier. Erst nach der Anbetung kommt die Sendung: „Geht hin in Frieden!“ Aber zugleich bleibt jede Anbetung leer, wenn wir uns nicht senden lassen.
Anbetung und Sendung. Das ist unser wesentlicher Auftrag.
Und für diesen Auftrag verspricht Jesus uns seine Gegenwart. Dabei ist er nicht allgegenwärtig wie die großen und mächtigen Parteichefs oder Diktatoren, deren Bilder in jedem Büro an der Wand hängen müssen und manchmal eher Angst machen, denn „big brother is watching you…“ Vor Jesu Gegenwart brauchen wir keine Angst zu haben. Angst hätte ich eher vor seinen Jüngern, vor seiner Kirche, wenn von seinem guten, von seinem Heiligen Geist in ihrer Runde nichts mehr spürbar wäre.
Alle Tage bei uns
Freilich ist – das muss man, das muss ich zugeben – auch in der Kirche nicht immer viel von diesem Geist zu spüren, manchmal erschreckend wenig. Und doch mag ich nicht aufgeben zu glauben, dass jeder neue Tag, den ich erleben darf, Jesu Einladung an mich ist, mich zum einen von seinem Versprechen zu überzeugen: „Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ und mich dann von ihm senden zu lassen in der Kraft seines verheißenen Beistands.
Der Plan
Eine Legende erzählt, dass Jesus nach seiner Himmelfahrt von den Engeln des Himmels mit größter Sorge begrüßt wurde. Sie beobachteten die Jünger Jesu auf Erden und stellten fest: „Jesus, solchen Menschen voller Angst und Zweifel, voller Fragen und Schwächen willst du deine Kirche anvertrauen? Ist dein Plan, es mit den Menschen zu versuchen, nicht zu riskant? Hast du keinen besseren Plan?“ Jesus antwortete: „Sehr riskant ist dieser Plan. Die Kirche könnte sogar tatsächlich daran scheitern. Aber einen anderen Plan habe ich nicht.“
Das darf ich mir, darfst Du Dir heute sagen lassen: Einen besseren Plan für diese Kirche, für diese Welt, für diesen Tag hat Jesus heute nicht als dich!
Ich wünsche uns allen ein gesegnetes, frohes und gesundes Himmelfahrtsfest und ganz besonders den Schwestern und Brüdern in der Parkstadt ein schönes Patrozinium, das heuer wie so vieles andere auch ganz anders als sonst gefeiert wird.
Halten wir zusammen!
Ihr Pfarrer Robert Neuner